In der Welt der Psychologie und des persönlichen Wachstums wird oft darüber gesprochen, wie Motivation entsteht und wie sie uns antreibt, Ziele zu verfolgen und Herausforderungen zu meistern. Als Techie und jemand, der Zahlen und Logik liebt, habe ich mich gefragt: Kann man Motivation mathematisch ausdrücken? Und die Antwort ist: Ja, zumindest bis zu einem gewissen Grad.
Meine Formel lautet:
M = E × GE
Dabei steht M für die Motivation, E für die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes Ereignis oder Ergebnis eintritt, und GE für die Gewinnerwartung, also das, was man aus dem Ereignis ziehen kann – sei es finanziell, emotional oder in Bezug auf persönliche Erfüllung.
Diese Gleichung erinnert an das, was Mo Gawdat in seinem Buch Solve for Happy über die Berechnung von Glück sagt. Gawdat entwickelte seine Glücksgleichung aus der Überzeugung heraus, dass Glück das Ergebnis von Erwartungen und Wahrnehmungen ist. In ähnlicher Weise kann Motivation als Produkt von Erfolgsaussicht und Gewinnpotenzial betrachtet werden. Schauen wir uns das genauer an.
Motivation als Produkt von Erwartung und Gewinn
Die Idee hinter der Formel ist einfach: Wenn die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt (also die „Eintretenswahrscheinlichkeit“), und der Gewinn, den ich davon erwarte, hoch sind, dann werde ich stark motiviert sein, es zu verfolgen. Umgekehrt, wenn ich wenig Gewinn oder einen geringen Erfolg erwarte, sinkt meine Motivation.
Beispiel 1: Der Karriereaufstieg
Angenommen, du arbeitest in einem Unternehmen und strebst eine Beförderung an. Deine Motivation könnte so ausgedrückt werden:
- Eintretenswahrscheinlichkeit (E): Du weißt, dass deine Leistung im letzten Jahr gut war, aber die Konkurrenz ist hart. Du gibst der Wahrscheinlichkeit einer Beförderung eine 50% Chance (also E = 0,5).
- Gewinnerwartung (GE): Die Beförderung würde dir eine Gehaltserhöhung bringen, aber noch wichtiger ist, dass du in der Lage wärst, größere Projekte zu leiten und mehr Verantwortung zu übernehmen, was dir große persönliche Erfüllung bringt. Du bewertest diesen Gewinn mit 10 (auf einer Skala von 1 bis 10).
Mit diesen Zahlen ergibt sich eine Motivation:
M = 0,5 × 10 = 5
Das ist eine moderate Motivation. Es bedeutet, dass du motiviert bist, aber nicht zu 100% sicher, dass die Beförderung eintreten wird, was deine Motivation etwas dämpft.
Beispiel 2: Ein neues Hobby lernen
Stellen wir uns vor, du möchtest ein neues Hobby erlernen, sagen wir Gitarre spielen.
- Eintretenswahrscheinlichkeit (E): Du bist musikalisch nicht besonders begabt und schätzt deine Chancen, wirklich gut Gitarre zu spielen, als relativ gering ein, vielleicht bei 30% (E = 0,3).
- Gewinnerwartung (GE): Aber der Gewinn, den du daraus ziehen könntest – Spaß, Kreativität, neue Fähigkeiten – ist hoch, vielleicht bei 8.
Die Motivation wäre dann:
M = 0,3 × 8 = 2,4
Da die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs eher gering ist, bleibt auch deine Motivation eher niedrig, obwohl der Gewinn hoch wäre. Du könntest zwar noch motiviert sein, es auszuprobieren, aber es wird schwerer, durchzuhalten.
Was passiert, wenn einer der Werte null ist?
In der Praxis kann es vorkommen, dass einer der Werte in der Gleichung null ist, was die Motivation völlig zunichtemacht.
Beispiel 3: Keine Aussicht auf Erfolg
Angenommen, du stehst vor einer Aufgabe, bei der du keinerlei Erfolgsaussichten siehst. Vielleicht wird dir ein Projekt zugewiesen, bei dem du keine Kontrolle über die relevanten Faktoren hast. Du schätzt die Wahrscheinlichkeit, dass du das Projekt erfolgreich abschließen kannst, auf 0 (E = 0).
Selbst wenn der Gewinn extrem hoch wäre, vielleicht eine Beförderung oder Anerkennung, ergibt sich:
M = 0 × GE = 0
In diesem Fall wäre deine Motivation gleich null. Ohne eine Erfolgsaussicht ist es schwer, sich für die Aufgabe zu begeistern, selbst wenn der Gewinn riesig wäre.
Beispiel 4: Geringer Gewinn
Stell dir vor, du machst etwas, das leicht zu erreichen ist, aber wenig Gewinn bietet. Vielleicht eine Routineaufgabe bei der Arbeit, die du mit 100% Wahrscheinlichkeit erfolgreich abschließen kannst (E = 1), aber du ziehst keinerlei Erfüllung oder Nutzen daraus (GE = 0).
M = 1 × 0 = 0
Hier würde dir ebenfalls die Motivation fehlen, da der erwartete Gewinn für dich null ist, obwohl die Aufgabe leicht zu bewältigen wäre.
Wie diese Gleichung im Alltag funktioniert
Diese Formel verdeutlicht, warum manche Menschen hoch motiviert sind, ein Ziel zu verfolgen, während andere es aufschieben oder gar nicht erst anfangen. Motivation entsteht, wenn sowohl die Aussicht auf Erfolg als auch der persönliche Gewinn attraktiv erscheinen. Ist einer dieser Faktoren niedrig, fällt es uns schwer, Motivation zu entwickeln.
In Mo Gawdats Glücksmodell wird eine ähnliche Logik angewendet. Glück entsteht, wenn die Differenz zwischen der Erwartung und der Realität positiv ist. In unserer Motivationsgleichung können wir das auf ähnliche Weise interpretieren: Wenn unsere Erwartungen an den Gewinn hoch sind und die Erfolgsaussichten gut, erleben wir eine höhere Motivation.
Wie du die Formel zu deinem Vorteil nutzen kannst
- Erhöhe die Erfolgswahrscheinlichkeit (E): Wenn deine Motivation niedrig ist, weil du die Erfolgswahrscheinlichkeit als gering einschätzt, überlege, wie du deine Chancen erhöhen kannst. Das könnte durch Übung, Weiterbildung oder gezielte Vorbereitung geschehen.
- Steigere den Gewinn (GE): Wenn deine Motivation durch den geringen Gewinn gebremst wird, überlege, wie du den persönlichen Nutzen steigern kannst. Vielleicht kannst du neue Aspekte der Aufgabe entdecken, die dir Freude bereiten, oder dir größere Ziele setzen, die über den unmittelbaren Gewinn hinausgehen.
- Selbstreflexion: Die Gleichung kann dir auch helfen, zu verstehen, warum du in bestimmten Bereichen unmotiviert bist. Durch die Analyse der beiden Faktoren kannst du gezielt Maßnahmen ergreifen, um deine Motivation zu steigern.
Zwischenergebnis:
Motivation ist kein Mysterium. Mit der Formel M = E × GE können wir verstehen, warum wir in manchen Situationen motiviert sind und in anderen nicht. Die Formel zeigt, dass Motivation von unserer Einschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit und dem erwarteten Gewinn abhängt. Es liegt an uns, diese beiden Faktoren so zu beeinflussen, dass wir die notwendige Energie und den Antrieb entwickeln, um unsere Ziele zu erreichen.
Durch die Verbindung von Mo Gawdats Erkenntnissen über Glück und unserer eigenen Motivationsgleichung können wir unser Denken neu ausrichten, um sowohl motivierter als auch glücklicher zu sein.
Was bedeutet die Motivationsformel für Führungskräfte?
Als Führungskraft kannst du die Motivationsformel M = E × GE nutzen, um die Motivation in deinem Team gezielt zu steigern und ein produktiveres, engagiertes Umfeld zu schaffen. Hier sind einige Überlegungen, die du als Leader beachten solltest:
Die Erfolgswahrscheinlichkeit (E) erhöhen
- Klare Ziele und Unterstützung: Mitarbeiter sind motivierter, wenn sie eine realistische Chance auf Erfolg sehen. Als Führungskraft kannst du ihnen durch klare Zielsetzungen, regelmäßiges Feedback und Coaching helfen, ihre Erfolgsaussichten zu erhöhen. Vermeide es, unrealistische Erwartungen zu setzen, da dies die Erfolgswahrscheinlichkeit senken und somit die Motivation negativ beeinflussen kann.
- Ressourcen und Schulungen bereitstellen: Ein Team, das gut ausgerüstet ist, hat größere Chancen, erfolgreich zu sein. Sorge dafür, dass deine Mitarbeiter die Werkzeuge, Schulungen und Ressourcen haben, die sie brauchen, um ihre Aufgaben erfolgreich zu bewältigen. Indem du ihre Fähigkeiten erweiterst, erhöhst du die Erfolgswahrscheinlichkeit und damit auch ihre Motivation.
Den Gewinn (GE) steigern
- Wertschätzung und Anerkennung: Mitarbeitende müssen den persönlichen oder beruflichen Nutzen ihrer Arbeit erkennen. Dies kann finanzieller Natur sein (z.B. Bonuszahlungen oder Gehaltserhöhungen), oft spielen auch nicht-materielle Faktoren eine grössere Rolle, wie Anerkennung und Wertschätzung. Als Führungskraft solltest du regelmäßig die Leistungen deiner Mitarbeitenden anerkennen, um den Gewinn, den sie aus ihrer Arbeit ziehen, zu maximieren.
- Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten: Die Aussicht auf persönliches Wachstum und berufliche Entwicklung ist ein wichtiger Gewinnfaktor. Zeige deinen Mitarbeitenden die langfristigen Vorteile ihrer Arbeit auf, wie z.B. Beförderungsmöglichkeiten oder neue Verantwortungsbereiche, die ihre Motivation steigern können.
Verbindung zur Vision schaffen
- Bedeutung und Sinn: Menschen sind motivierter, wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Arbeit sinnvoll ist. Als Führungskraft ist es entscheidend, die Verbindung zwischen der Arbeit deiner Mitarbeiter und der übergeordneten Vision oder dem Zweck der Organisation herzustellen. Zeige ihnen, wie ihre Beiträge zum Gesamterfolg beitragen, um sowohl die Erfolgswahrscheinlichkeit als auch den Gewinn in ihrer Wahrnehmung zu erhöhen.
Motivation durch individuelle Betrachtung
- Individuelle Motivatoren: Jeder Mensch wird durch unterschiedliche Dinge motiviert. Manche legen mehr Wert auf berufliche Weiterentwicklung, während andere einen höheren Fokus auf Work-Life-Balance oder Teamdynamik legen. Nutze die Formel, um die individuellen Motivationsfaktoren deiner Teammitglieder zu analysieren und entsprechend zu unterstützen.
Zusammenfassung für Führungskräfte:
Als Leader hast du die Möglichkeit, sowohl die Erfolgswahrscheinlichkeit (E) als auch die Gewinnerwartung (GE) deiner Teammitglieder zu beeinflussen. Indem du klare Strukturen schaffst, realistische Ziele setzt und die persönlichen wie professionellen Gewinne betonst, kannst du die Motivation in deinem Team gezielt steigern. Nutze die Motivationsformel, um zu verstehen, was dein Team antreibt, und ergreife proaktive Maßnahmen, um ein inspirierendes und motivierendes Arbeitsumfeld zu schaffen.